Fachbegriff:

Angemessene Ausbildungsvergütung

Beschreibung

Nach § 17 ­ Berufsbildungsgesetz haben ­ Auszubildende Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Ausbildungsvergütung). Diese ist angemessen, wenn sie hilft, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten und wenn sie zugleich eine Mindestentlohnung für die Leistungen der Auszubildenden darstellt. Die ­ Ausbildungsvergütung ist so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt.

Der Begriff angemessene Ausbildungsvergütung beschreibt damit den rechtlich gesicherten finanziellen Mindestbetrag, den Auszubildende monatlich erhalten müssen. Daraus ergibt sich auch, dass Ausbildende und Auszubildende eine höhere Ausbildungsvergütung beim Abschluss des ­ Berufsausbildungsvertrages vereinbaren können, was in der Umsetzungspraxis auch oft erfolgt. Die Einhaltung der angemessenen Ausbildungsvergütung ist eine der Voraussetzungen für die Eintragung des Berufsausbildungsvertrages in das ­ Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge.

Um die angemessene Vergütung zu bestimmen ist der Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns wichtig. Durch die Novellierung des ­ Berufsbildungsgesetzes gelten für Ausbildungsverhältnisse mit Ausbildungsbeginn ab dem 01.01.2020 neue rechtliche Regeln.

Geltende Regeln für Berufsausbildungsverträge bis 31.12.2019

Für die Anwendung der nachfolgenden Regeln ist das Datum des ersten Ausbildungstages maßgebend, nicht das Datum der Vertragsunterzeichnung oder der Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse.

Es ist gängige Rechtsprechung, dass einschlägige ­ tarifliche Vorschriften die Mindestvergütung darstellen und immer angemessen sind. Sind die Vertragspartner nicht tarifgebunden, müssen sie die Höhe der Vergütung festlegen. Auch hier gilt: Richten sie sich dabei an einem ­ Tarifvertrag aus, ist die Ausbildungsvergütung immer angemessen. Die Angemessenheit ist immer auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Das heißt: Ändert sich der Tarifvertrag während der Berufsausbildung, so ist die Ausbildungsvergütung auf die neuen Sätze anzupassen.

Vereinbaren die Vertragsparteien eine ­ Ausbildungsvergütung, die um mehr als 20 Prozent unter den tariflichen Sätzen bzw. den Empfehlungen der ­ zuständigen Stellen liegt, ist sie nicht mehr angemessen.

Es gibt aber Ausnahmen. Wird die Ausbildung überwiegend aus staatlichen Mitteln oder durch Spenden finanziert, kann sie an gemessen sein, obwohl sie das Tarifniveau um mehr als 20 Prozent unterschreitet.

Diese Regeln gelten für die gesamte Dauer der Berufsausbildung, auch wenn die Berufsausbildung nach dem 31.12.2019 endet.

  1. Geltende Regeln für Berufsausbildungsverträge ab dem 01.01.2020

Auch hier ist das Datum des ersten Ausbildungstages entscheidend, nicht das Datum der Vertragsunterzeichnung oder der Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse.

Mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 2020 wurde der Begriff der ­ Mindestvergütung im Sinn einer Mindestausbildungsvergütung eingeführt. Dabei handelt es sich um gesetzlich festgelegte finanzielle Mindestbeträge je Monat im EURO für das erste Ausbildungsjahr mit Ausbildungsbeginn in den Jahren 2020 bis 2023. Darüber hinaus sind die Steigerungsraten für das zweite und dritte Ausbildungsjahr festgelegt. Die Jahrestabelle und weitere Erläuterungen sind unter ­ Mindestvergütung zu finden.

Muss jeder Auszubildende die gesetzlich festgelegten Mindestbeträge erhalten? Diese Frage ist mit einem klaren NEIN zu beantworten. Durch Ausnahmeregelungen kann es passieren, dass die tatsächliche Angemessenheit (also der Betrag in EURO) unter dem gesetzlichen Mindestbetrag liegen kann, aber auch darüber liegen kann oder sogar muss. Die Ausnahmeregelungen werden durch die Art der Finanzierung der Ausbildung und die Tarifgebundenheit des Ausbildenden bestimmt. Diese Unterschiede werden nachfolgend erläutert.

2.1 Die Angemessenheit bei betrieblicher Finanzierung

Wird die Ausbildungsvergütung überwiegend durch den ­ Ausbildenden (die Ausbildungsstätte, der Ausbildungsvertrag) finanziert (sog. betriebliche Finanzierung) ist wichtig, ob der Ausbildende nach Tarifvertragsgesetz gebunden ist. Die Frage ist also, ob ein Tarifvertrag gilt und welcher.

Ist der Ausbildende nach Tarifvertragsgesetz gebunden greift die tarifliche Ausbildungsvergütung, wenn es einen gültigen Tarifvertrag gibt. Die tarifliche Ausbildungsvergütung kann oberhalb der Mindestvergütung liegen und muss dann so gezahlt werden.

Es gibt zum Teil gravierende Unterschiede zwischen den tariflichen Ausbildungsvergütungen in den einzelnen Ausbildungsberufen. Die tarifliche Ausbildungsvergütung kann deshalb auch unter der gesetzlichen Mindestvergütung liegen, dann hat der Auszubildende kein Anrecht auf die Zahlung der Mindestvergütung. Der Ausbildende kann jedoch mehr zahlen.

Gibt es keinen gültigen Tarifvertrag ist die Mindestvergütung immer die Untergrenze der Ausbildungsvergütung.

Hinweis: Nach Auskunft des BMBF gilt die betriebliche Tarifzugehörigkeit auch, wenn das Ausbildungsverhältnis fachlich nicht in diesen Geltungsbereich fällt. Beispiel: Der Auszubildende wird in einem landwirtschaftlichen Beruf ausgebildet, der Ausbildungsbetrieb ist jedoch in einem Tarifvertrag des Handwerks gebunden. Dann wird die tarifliche Ausbildungsvergütung des Handwerks auch auf den landwirtschaftlichen Auszubildenden angewendet.

Ist der Ausbildende nicht nach Tarifvertragsgesetz gebunden, so spielt ein Tarifvertrag doch indirekt eine Rolle. Gibt es einen gültigen Tarifvertrag, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fachlich fällt oder auch fallen könnte, dann ist die Ausbildungsvergütung angemessen wenn sie mindestens 80% der tariflichen Ausbildungsvergütung beträgt. Der Betrag aus dem 80%-Anteil darf aber nicht kleiner als die gesetzliche Mindestvergütung sein. Gibt es keinen gültigen Tarifvertrag ist die Mindestvergütung immer die Untergrenze der Ausbildungsvergütung.

Die Regeln sind kompliziert. Lassen Sie sich durch die ­ zuständigen Stellen für Berufsbildung beraten!

2.2 Die Angemessenheit bei überwiegender Fremd-Finanzierung

Wird die Ausbildung überwiegend nicht durch den Ausbildenden finanziert, z. B. durch staatliche Förderprogramme, können wieder andere Regeln für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung gelten.

Grundsätzlich sollen auch Auszubildende in überwiegend geförderten Ausbildungsverhältnissen als Untergrenze die Mindestvergütung erhalten. Wegen der Vielzahl der Fördermöglichkeiten und den damit verbundenen Bedingungen kann es abweichende Regelungen zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten der Auszubildenden geben.

  1. Was ist noch zu beachten?

Bei ­ Teilzeitberufsausbildung darf die angemessene Ausbildungsvergütung reduziert werden. Die Vergütungshöhe muss jedoch mindestens dem prozentualen Anteil an der Ausbildungszeit entsprechen. Wird beispielsweise die tägliche und/oder wöchentliche Ausbildungszeit auf 50% reduziert, braucht auch nur 50% der Ausbildungsvergütung gezahlt werden. Es darf aber eine höhere Ausbildungsvergütung gezahlt werden.

Nehmen Auszubildende Eltern- bzw. Pflegezeit in Anspruch, wird das Ausbildungsverhältnis unterbrochen. Nach dieser Zeit steigt der Auszubildende wieder in das Ausbildungsjahr vor Beginn der Auszeit ein. Dementsprechend gibt es keine zwischenzeitliche Steigerung der Ausbildungsvergütung.

Die Ausbildungsvergütung und somit die Angemessenheit richtet sich immer nach dem im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungsjahr. Beginnt der Auszubildende, z. B. wegen ­ Verkürzung der Ausbildungsdauer, die Berufsausbildung im zweiten Ausbildungsjahr ist auch die Ausbildungsvergütung für das zweite Ausbildungsjahr zu zahlen.

Auszubildende können auf den Vergütungsanspruch nicht verzichten, auch nicht teilweise. Alle Vereinbarungen dieser Art sind nichtig.

Weiterführende Information